Von der Gründungszeit bis 1946

In der Mitte des vorigen Jahrhunderts zählte die Gemeinde Ellwangen ca. 500 Einwohner. Diese waren hauptsächlich Landwirte und Handwerker. Vom großen Verkehr noch völlig abgeschnitten und durch die Mittellosigkeit der damaligen Bürger bedingt, von der Technik noch ganz und gar unberührt, verbrachten unsere Vorfahren mit Sicherheit ein hartes und bescheidenes Dasein. Trotzdem begannen sie, sich auf ihre kulturellen Werte zu besinnen. Als das Schulhaus soeben fertiggestellt war, beschloss die Pfarrgemeinde, den Bau einer neuen Kirche zu verwirklichen. Der damals noch junge Franz Josef Branz hatte Gelegenheit, sich bei der Militärmusik umfangreiche Kenntnisse in der Blasmusik zu erwerben. Diese Tatsache schaffte die Voraussetzungen für die Gründung eines Musikvereins. Auf jeden Fall wissen wir, dass Franz Josef Branz die ersten Bläser ausgebildet hat und der erste Dirigent des Vereines war. Der erste Auftritt dieser noch jungen Kapelle soll im Jahre 1854 gewesen sein.

Außer den Namen Branz, Koch und Mahle sind uns keine weiteren Gründungsmitglieder bekannt. Der im Jahre 1930 im Alter von 89 Jahren verstorbene Braumeister und Altlöwenwirt Michael Mahle war ein Mitbegründer des Musikvereines. Auf seine Aussagen gründend feierte der Verein im Jahre 1929 sein 75jähriges Bestehen.

Einige Jahre später ist in der Pfarrchronik vermerkt, dass anlässlich der Errichtung des Kirchendaches die Bauhandwerksleute, Zimmerleute, Maurer und Steinhauer von der hiesigen Trompetenmusik auf dem Bauplatz abgeholt und ins Wirtshaus geleitet wurden, wo sie auf Kosten der Gemeinde mit Bier und auf Kosten des Pfarrers mit einem Essen bedacht wurden.

Eine alte Vereinsfahne sowie vorhandenes Bildmaterial berichten, dass am 22. Mai 1899 eine großartige Fahnenweihe stattgefunden hat. Bei dieser ging man morgens in die Kirche und nach der Fahnenübergabe fand ein Frühschoppen statt. Mittags um 13.00 Uhr sammelte man sich zu den weiteren Feierlichkeiten.

Um die Jahrhundertwende übernahm Zimmermeister Franz Xaver Simon, genannt "Der Meister", den Dirigentenstab. Von ihm wissen wir, dass er die kommende Bläsergeneration ausgebildet hat und ein strenger Lehrer war. Simon leitete die Kapelle bis Anfang der 20er Jahre und führte sie mit großem Fleiß und Eifer zu hohem Ansehen. Sein Nachfolger wurde Oberlehrer Edelmann und der als guter Trompeter bekannte Otto Willburger von Landoltsweiler übernahm die Vorstandschaft.

Als Edelmann im Jahre 1928 nach Isny versetzt wurde, übernahm Herr Hauptlehrer Franz Held als Dirigent die Kapelle und Leonhard Willburger löste seinen Bruder als Vorstand ab.

Das Jahr 1929 brachte das glanzvolle Musikfest anlässlich des 75jährigen Bestehens. Bei strahlendem Sommerhimmel glänzte die Gemeinde in Festgewand. Den musikalischen Teil am Festabend bestritten außer der Jubiläumskapelle die Musikvereine Hauerz, Unterschwarzach, Bellamont, Steinhausen und Ummendorf. Schultheiß Popp hieß die anwesenden Gäste herzlich willkommen. Die Gemeinde, als deren Vertreter er spreche, fühle sich mit dem Jubelverein eng verbunden. Es sei seine Pflicht, für all das, was in den 75 Jahren geleistet worden sei, zu danken.

Am Tage darauf nahmen 13 Musikkapellen am Wertungsspiel teil und 17 Kapellen spielten beim Festzug. Die im Anschluss daran von Oberlehrer Edelmann vorgetragenen Massenchöre waren von eindringlicher Wucht. Besondere Ehre wurde dem Alt-Löwen-Braumeister Mahle, dem noch einzigen überlebenden Gründungsmitglied der Musikkapelle Ellwangen, zuteil. Trotz des glanzvollen Ablaufes des Festes blieb der Reingewinn weit hinter den Erwartungen zurück. Er betrug nämlich nur 337,30 DM. Im Oktober 1932 legte Franz Held den Dirigentenstab nieder. In seinem Abschiedsbericht "Gib Rechenschaft von Deiner Verwaltung" beschreibt er die Vielzahl der von ihm eingeübten Musikstücke sowie erfolgreichen Auftritte. Und trotzdem berichtet er, dass seinem musikalischen Vorwärtsstreben Grenzen gesetzt seien, was er bedauere. Auch war es Dirigent Franz Held gewesen, der im März 1928 die bis zum heutigen Tage weitergeführte Vereinschronik zu schreiben begann.

Eine kleine, nun führerlose Schar von jungen Musikern, unterstützt von noch einigen "Alten", wählte danach den noch jungen und begabten Adolf Buck zum neuen Dirigenten. Damit beginnt wohl der bedeutendste Abschnitt in der Geschichte des Musikvereines. Der Anfang war sohl schwer. Nach der Heranbildung weiterer junger Musiker sowie fleißiger und zielbewusster Aufbauarbeit zeigten sich die ersten Früchte des Erfolges. Richard Wagner war sein Lieblingskomponist und so wagte es Adolf Buck im Jahre 1936 in Bad Wurzach, mit einer "Fantasie" aus Lohengrin zum Wertungsspiel anzutreten. Die Kapelle war zwar mit dem Erfolg zufrieden, die Wertungsrichter meinten jedoch: "Für Lohengrin ist die Kapelle doch noch zu grün." Am 16. Juli 1937 errang die Kapelle beim Wertungsspiel in Riedlingen einen großen Erfolg. Sichtlich mehr und mehr wurde das Schaffen kulturbetreibender Vereine durch die zunehmende Gewaltherrschaft des NS-Regimes eingeschränkt. Der als "schwarzer Haufen" bekannte Musikverein, der sich zwar bereitwillig in den Dienst nationaler Anlässe stellte, war den Nazis stets ein Dorn im Auge. Die von Adolf Buck ausstrahlende Persönlichkeit ließ jedoch Schlimmeres verhüten.

Als am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg entbrannte, wurde ein großer Teil der Musiker zu den Waffen gerufen. Adolf Buck kam zum Musikchor einer Pioniereinheit in Ulm. Die Kapelle schrumpfte soweit zusammen, dass jegliche Vereinstätigkeit fast zum Erlahmen kam. Nur dadurch, dass ältere, ehemalige Musiker wieder zu den Instrumenten griffen, war es möglich, den gefallenen Söhnen der Gemeinde am Ehrenmal "Reiters Morgenrot" und das Lied "Ich hatt' einen Kameraden" zu spielen.